Hirse steht heute in Mitteleuropa nur noch selten auf dem Speiseplan. Das war früher anders. Seit der Einführung von Hirsen in der Bronzezeit und bis in die Neuzeit war süsser oder salziger Hirsebrei ein wichtiges Grundnahrungsmittel.

Rotschalige Rispenhirse (links) und Goldhirse (Gefäss).

Die Echte Hirse wurde schon in der Jungsteinzeit (6. Jahrtausend v. Chr.) in Nordost-China domestiziert und erreichte das zentrale Europa in der mittleren Bronzezeit (15. Jahrhundert v. Chr.) – zusammen mit anderen Neuerungen aus den eurasiatischen Steppen. In den Pfahlbauten scheint die Hirse aber erst einige Jahrhunderte später (in der Spätbronzezeit) angekommen zu sein. Belegt sind sowohl Echte Hirse (Panicum miliaceum) wie auch Kolbenhirse (Setarica italica). Zahlreiche Vorratsfunde von Hirse aus der spätbronzezeitlichen Siedlung Zug-Sumpf (um 1000 v. Chr.) zeigen die hohe Bedeutung dieser Kulturpflanze im Alpenvorland. Im Vergleich zu den heute noch wichtigen Getreiden wie Weizen und Gerste hat sich die Pfahlbauforschung noch nicht intensiv mit der Hirse beschäftigt, z. B. mit der Frage, ob daraus auch Bier gebraut wurde, was prinzipiell möglich ist.

Verkohlte Hirsekörner aus den Pfahlbaufundstellen Lavagnone (I), links, und Unteruhldingen (D), rechts. © Filipović/Meadows/Corso et al. (2020), Fig. 11, bearbeitet

Dieser Frühstücksbrei gibt Kraft

Doch was kann man mit Hirse überhaupt zubereiten? Hirse eignet gut für Eintopfgerichte, die über dem Feuer köcheln, zum Beispiel mit Gemüse, Pilzen oder auch Fleischstücken. Man kann sie auch zu süssem oder salzigem Hirsebrei verarbeiten. Ein Frühstück für Pfahlbauer*innen, das Kraft gibt für den Tag oder an kalten Tagen den Bauch wärmt. Der Brei kann auch im Ofen mit weiteren Zutaten wie Pilzen zu Gratins verfeinert werden oder ausgekühlt in Scheiben geschnitten und in der Pfanne mit weiteren Zutaten ausgebacken werden.

Speedgetreide

Hirse wird in weniger als drei Monaten reif und verträgt verschiedenste Wachstumsbedingungen, allerdings keinen Frost. Nach anfänglich zögerlichem Wachstum schiesst Hirse bei günstigem Wetter schnell in die Höhe und bildet bald Rispen oder Kolben. Trockenperioden im Sommer sind für die Hirse kein Problem. Gegen Ende der Reifezeit neigen sich die mit hunderten Samen beladenen Rispen der Erde zu. Ab jetzt gilt es, Vögel vom Hirsefeld fernzuhalten; denn die sind – der Kanarienvogel lässt grüssen – ganz wild auf die Samen.

Unreife Kolbenhirse. © K. Schäppi
Unreife Rispenhirse. © K. Schäppi

Nach der Ernte löst man die Hirsekörner durch Dreschen von den Stängeln. Aber vor dem Verzehr muss man noch die hartnäckige äußere Schale entfernen, was gar nicht so einfach ist. Wie in traditionellen Hirseanbaugebieten Afrikas heute noch üblich, löst man die Spelzen am besten durch Stampfen in einem Holzmörser. Derartige Holzmörser und die zugehörigen Stössel findet man denn auch in Pfahlbauten. Nun noch einen passenden Wind abwarten, der die Spelzen beim Worfeln (Trennen von Spreu und Korn) davonträgt, und die Hirsekörner können ab in den Topf.

Holzstössel aus Sipplingen (D). © LAD

Von der Alltagskost zum Vogelfutter

Auch in der Eisenzeit und bei den Römern wurde Hirse gegessen. Im Mittelalter galt Hirsebrei aber bereits als Arme-Leute-Essen. Mit der Einführung von Kartoffeln und Mais nach der Entdeckung Amerikas wurde die weniger ertragreiche Hirse in der Neuzeit endgültig zum Vogelfutter degradiert. Heute erlebt die Hirse eine Renaissance als vielseitig verwendbare und glutenfreie Alternative zu Getreide. Hirse hat einen sehr typischen Eigengeschmack, der ganz anders ist als jener der anderen Getreide (Weizen, Emmer und Co.). Er ist aber nicht sehr intensiv, so dass die Hirse sich sowohl für Süssspeisen wie für salzige Gerichte eignet.

Lass dich inspirieren, mit Hirse zu experimentieren. Im Prinzip ist die Verarbeitung vergleichbar mit derjenigen von Griess oder Polenta. Und in unserem Warenkorb findest du spannende Zutaten, die zu leckeren Gratins, süssen Schnitten oder Breien aus Hirse passen.

Portrait Renate Ebersbach
Portrait Katharina Schäppi
Tipps

Wissenschaftlicher Artikel zum Aufkommen der Hirse in Mitteleuropa.