Der Übergang vom Jagen und Sammeln zur Sesshaftigkeit mit Ackerbau und Viehzucht, veränderte das Essverhalten der Menschen: Sie machten sich abhängig von Kulturpflanzen als Grundnahrungsmittel. Während man einige Wildpflanzen das ganze Jahr über pflücken kann – von der Wurzel über die ersten Blätter bis hin zu Blüten und Samen – ernteten die Bauern und Bäuerinnen nur einmal im Jahr die reifen Samenkörner von Hirse, Linse, Getreide und Co. Und das auch nur, sofern die Felder von Frost, Hagel, Trockenheit und anderen Wetterkapriolen oder von hungrigen Wildtieren verschont blieben.

Doch selbst wenn man die Ernte unter Dach brachte, konnte man sich seines Vorrates nicht sicher sein. Die ersten Landwirt*innen brachten nicht nur Saatgut und Haustiere aus dem fruchtbaren Halbmond nach Mitteleuropa mit, sondern auch allerlei Schädlinge, die es auf die menschlichen Vorräte abgesehen haben.

Reifende Gerste.

Kleiner Käfer, grosser Schaden

Bis in die Nachkriegszeit sorgte der Kornkäfer (Sitophilus granarius) immer wieder für leere Mägen. Die Käferweibchen bohren ein Loch ins Getreidekorn, legen ein Ei hinein und verkleben das Loch wieder. Die Larven fressen die Körner von innen komplett auf, zurück bleibt nur eine leere Hülle. Oft bemerkt man deshalb den Schädling erst dann, wenn die Larven schlüpfen. Da ein Weibchen auf einmal bis zu 300 Eier legen kann und bei günstigen Bedingungen mehrere Generationen pro Jahr aufwachsen, kann der Schaden enorm sein. Ist ein Vorrat einmal von Kornkäfern befallen, folgen oft noch weitere Ungezieferarten wie Milben, Schimmel- und Moderkäfer. Die übrigen Körner verlieren dadurch an Keimfähigkeit und sind ungeniessbar. Der nur 3 mm grosse Samenfresser hat es gerne warm und kann in Mitteleuropa nur in menschlichen Behausungen wie Ställen und Vorratsräumen überleben.

Die Kornkäfer sind aus Vorratsgruben und mit Abfall verfüllten Brunnen der ältesten Bauern Mitteleuropas (Bandkeramik, 5400-4900 v. Chr.) mehrfach nachgewiesen. Auch aus römischer Zeit gibt es massenhaft Funde. Merkwürdigerweise fehlen diese Käfer in den Pfahlbauten. Weshalb? Forscher*innen haben dafür verschiedene Erklärungen: Das Klima in Mitteleuropa behagte den Käfern nicht. Einige Generationen, nachdem die ersten, Ackerbau betreibenden Menschen das Ungeziefer zusammen mit dem Saatgut eingeführt hatten, starben die Kornkäfer aus. Die Dörfer lagen damals so isoliert in der Landschaft, dass kein Befall durch die Nachbarn drohte; denn die Kornkäfer können nicht fliegen. Das Leben im Pfahlbau behagte dem Schädling erst recht nicht. Hier war es ihm zu feucht, zu kühl und zu verraucht. Die Pfahlbauer*innen lagerten ihre Vorräte nicht wie in den Epochen davor und danach in Erdgruben, sondern wahrscheinlich auf den Dachböden. Kamine kannte man damals noch nicht. Der Rauch der Kochfeuer zog durch Ritzen und Spalten durch das Dach ab und verleidete damit wohl so manchem Ungeziefer das angenehme Fressen.

Wenn die Käfer schlüpfen, ist der Schaden bereits angerichtet. Von Kornkäfern befallenes Getreide. © CSIRO, bearbeitet

Getreide bringt dich zum Tanzen

Getreide barg aber andere Gefahren, vor denen wohl auch die Pfahlbauer*innen nicht gefeit waren: Krampfartige Bewegungen, Wundbrand und absterbende Gliedmassen – das sind die schrecklichen Folgen des Verzehrs von mit Mutterkorn verunreinigten Getreidekörnern. In Mitteleuropa starben in historischer Zeit Tausende von Menschen daran. Das Mutterkorn (Secale cornutum) ist eine in der Gestalt kornähnliche Schlauchpilzart, die aus den Ähren von Getreide herauswächst. Im Mittelalter war der purpurbraune Mutterkornpilz (Claviceps purpurea) weit verbreitet. Er befällt bevorzugt Roggen, den es im Neolithikum noch nicht als domestizierte Pflanze gab. Roggen ist ein Fremdbestäuber und damit anfälliger für den Pilz im Gegensatz zu den selbstbestäubenden Getreidearten Weizen, Gerste und Dinkel sowie Wildgrasarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Pfahlbauer*innen der Jungsteinzeit und Bronzezeit mit Mutterkorn vergifteten, ist somit deutlich geringer als für die jüngeren Epochen. Aber sie waren wohl nicht davor gefeit, denn selbst geringe Mengen von fünf bis zehn Gramm können bei einem Erwachsenen zu Atemlähmung, Kreislaufversagen und schliesslich zum Tod führen. Bei niedrigerer Dosierung treten Halluzinationen, Krämpfe („Veitstanz“) und Durchblutungsstörungen beziehungsweise Wundbrand auf, die schliesslich zum Absterben von Fingern und Zehen führen können. Den Namen hat der Pilz von seiner Wehen auslösenden Wirkung.

Vom Mutterkornpilz (Claviceps purpurea) befallener Roggen. © Käfer in der Erbse

Der gleichen Taktik wie der Kornkäfer bedient sich der 4-5 mm grosse Erbsenkäfer (Bruchus pisorum), den die ersten Siedler*innen ebenfalls aus dem fruchtbaren Halbmond einschleppten. Die Weibchen legen ihre Eier in unreife Erbsenschoten. Die Larven fressen sich satt bis auf die Hülle. Von aussen deutet nur eine kleine kreisrunde Membran auf den Befall hin. Durch diese schlüpft später der Jungkäfer. Ganze Ernten können so vernichtet werden. Die Erbsen sind weder für den Verzehr geeignet, noch sind sie keimfähig, so dass die nächste Aussaat und Ernte damit auch in Frage gestellt sind.

Bohnenkäfer (Acanthoscelides obtectus) haben Löcher in die Samen von Stangenbohnen gefressen.

Der bislang älteste Nachweis des Erbsenkäfers in der Schweiz stammt aus der Pfahlbaufundstelle Zürich, Parkhaus Opéra. Käferflügel aus mehreren Hausstandorten aus der Zeit zwischen 3176-3153 v. Chr. belegen die Präsenz des Schädlings. An einer Saubohne aus der bronzezeitlichen Fundstelle Zug-Sumpf (um 950 v. Chr.) hat ein Käfer genagt und ein Loch hinterlassen. Allgemein scheint es so, als würden sich mit zunehmender Besiedlungsdichte auch die Schädlinge ausbreiten. Die Forschungen zu Schädlingsbefall und wie man damit umging, stecken aber noch in den Kinderschuhen.

Flügel eines Erbsenkäfers (Bruchus pisorum) aus der Pfahlbaufundstelle Zürich, Parkhaus Opéra. © F. Antolìn, M. Schäfer, bearbeitet

Keine Maus im Haus

Mäuse hinterlassen Spuren: Knochen, Kot und Nagespuren. Die Hausmaus (Mus musculus) gab es in der Jungstein- und Bronzezeit noch nicht. Sie traf erst in der Eisenzeit (800-15 v. Chr.) in Mitteleuropa ein. Die beiden in Pfahlbauten nachgewiesenen Mausarten – die Wald- und Gelbhalsmaus – halten sich lieber zwischen Bäumen auf als zwischen Hauspfählen. Sie fressen bevorzugt Samen, Kräuter, Insekten und Knospen. Die Pfahlbauer*innen brauchten sich deshalb vor den Mäusen noch nicht zu fürchten.

Waldmaus (Apodemus sylvaticus). ©
Portrait Renate Ebersbach