«Auf den Eichen wachsen die besten Schinken», besagt eine Redewendung. Früher liess man Schweine in Eichenwäldern weiden, wo sie die Eicheln frassen und würzigen Speck ansetzen. Die Pfahlbauer*innen setzten auf Direktverwertung und sammelten die stärke-, eiweiss- und fetthaltigen Früchte für sich als Wintervorrat.
Gewusst wie
Während Schweine und Waldtiere rohe Eicheln gut vertragen, sind die Früchte aufgrund ihres hohen Anteils an Gerbsäure für Menschen giftig. Sie verursachen Magengrummeln, Verstopfungen und neurologische Probleme. Die bitteren Gerbstoffe kann man jedoch entfernen: Durch mehrtägiges Wässern oder Kochen mit Zusatz von Asche. Offenbar war dies den Menschen damals schon bekannt. In Pfahlbausiedlungen der Stein- und Bronzezeit sind Eicheln oft nachgewiesen. Ein grosses Tongefäss der Fundstelle Zug-Sumpf war bei der Entdeckung zur Hälfte gefüllt mit geschälten Eicheln. Im Topfinnern klebten angebrannte Eichelhälften in einer breiartigen Masse mit kleinen Luftbläschen. Hier köchelte offensichtlich vor 2950 Jahren ein Eichelgericht. Andernorts hat man Eicheln zusammen mit Äpfeln, Haselnüssen oder Getreide gefunden, womit wir bereits Inspirationen für süsse und salzige Rezepte haben. Danke Pfahlbauer*innen!
Muckefuck: Eicheln in der Kaffeetasse
Aus jüngeren Zeiten sind Eicheln vor allem als Notnahrung bekannt, in Form von Eichelbrot, Suppe, Eichelkakao oder Kaffeeersatz. Der Ruf der wertvollen Baumfrucht ist daher – völlig zu Unrecht – nicht der Beste. «Muckefuck» heisst der Kaffeeersatz aus Eicheln, Getreide oder Zichorien. Sie sind eine gute Alternative für alle, die den Genuss von Kaffe ohne aufputschendes Koffein suchen. Warum also nicht mal im Stil der Pfahlbauzeit eine Tasse «Eichel-Cappuccino» mit Haselnussmilch zum Frühstück geniessen?
«From Wurzel to Krone»
Die Eiche war den Pfahlbauern ein wichtiger Baum, der quasi «from Wurzel to Krone» verwertet wurde. Eichenholz war als Bauholz beliebt, vor allem um daraus die Pfähle für die Häuser herzustellen, die in den feuchten Untergrund eingerammten waren. Die Gerbsäure hält Schädlinge fern und macht das Holz widerstandsfähig gegen Fäulnis. Eichenrinde kann zum Gerben von Leder oder Färben von Stoffen benutzt werden. Eichenlaub oder belaubte Eichenäste dienten als Einstreu für die Tiere und wahrscheinlich auch als weiche Unterlage für die Schlafstätten der Pfahlbauer*innen.
Mastjahr: Wenn die Schweine den Wald erobern
Die Eicheln sind ab September reif. Besonders nach den ersten Herbststürmen liegen sie zuhauf unter den Bäumen. An einem Waldrand mit mehreren Eichen können Bäume mit unterschiedlichen Früchten vorkommen: langschmal, rundlich, spitz oder stumpf zulaufend, zudem zu verschiedenen Zeiten ausreifend. Während die einen Eicheln erst spät vom Baum fallen, haben die Früchte des benachbarten Baumes bereits gekeimt. Sicher sind sie auch geschmacklich unterschiedlich. Hier gilt es, eine Vielfalt zu entdecken.
Die Pfahlbauer werden wohl ihre Lieblingsbäume gehabt haben, die nicht gefällt und Generationen mit Nahrung versorgt haben. Alle paar Jahre ist ein «Mastjahr», bei dem die Waldbäume voll sind mit Eicheln, aber auch Bucheckern, Fichten, Ahorn oder Linde tragen dann Früchte. Der Name kommt noch von früheren Zeiten, als Bauern ihre Schweine in diesen Jahren in die Wälder trieben, damit sich die Tiere vollfressen konnten. 2020 war so ein Mastjahr. In zwei bis zwölf Jahren, je nach Wetterverlauf, ist wieder damit zu rechnen. Glücklich jene, die sich letztes Jahr einen grossen Vorrat angelegt haben.
Archäofacts
Ausführungen zur Verwendung von Eicheln durch die Zeiten.
Karg, S./ Haas, J.-N. (1996) Indizien für den Gebrauch von mitteleuropäischen Eicheln als prähistorische Nahrungsressource. Tübinger Monographien der Urgeschichte 11, (Festschrift H. Müller-Beck) 1996, 429-435.
Lüders, E.(1946) 10 [Pfund] Eicheln sind 7 [Pfund] Eichelmehl. Ein Eichelkochbuch. Wiederaufbau der deutschen Ernährung, Band 4.