Vor der Erfindung von raffiniertem Zucker aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gab es nur wenige Möglichkeiten, die Geschmacksrichtung „süss“ zu erleben. Dazu gehörten süsslich schmeckende Pflanzen wie die Blüten von Holunder oder Mädesüss, eingekochte Früchte oder Fruchtsäfte und vor allem: Honig.

Honig war schon vor der Pfahlbauzeit ein beliebter Süssstoff. Eine 12’000 Jahre alte Höhlenmalerei in Spanien zeigt eine Frau bei der Jagd nach dem flüssigen Gold bei einem Nest in einer hochliegenden Baumhöhle oder einer Felsspalte. Solche wetter- und winterfesten Hohlräume sind bevorzugte Nistplätze der in Nordeuropa heimischen Wildbienen.

Umzeichnung der mittelsteinzeitlichen Felszeichnung einer Honigjägerin, die ein Bienennest ausbeutet. Cuevas de la Araña, Spanien. Umzeichnung nach Foto

Aber man muss nicht schwindelfrei sein, um an honiggefüllte Bienenwaben zu gelangen. Man kann einen hohlen, von einem Bienenvolk bewohnten Baumstamm abhacken und ihn an einem günstigen Standort nahe beim Dorf wieder aufstellen. Ein solches Vorgehen ist noch aus historischer Zeit für unsere Breitengrade überliefert und wird als Übergang zur eigentlichen Bienenhaltung – der Imkerei – als Zeidlerei bezeichnet.

Bienen ein Zuhause bieten

Einen hohlen Stamm als Bienenbehausung kann man auch einfach selbst herstellen: Man höhlt einen geeigneten Stammabschnitt bis auf eine Wandstärke von wenigen Zentimetern aus, stellt ihn auf einen ebenen Untergrund und deckt ihn mit einem Brett oder Stein ab. Ein Flugloch nicht vergessen, vielleicht ein paar Holzstöcke quer einbringen, um den Wabenbau zu erleichtern, und schon können Honigliebhaber*innen ein eingefangenes Bienenvolk darin einquartieren.

Solche Bienenunterkünfte werden als Klotzbeuten bezeichnet. Wie die heutige Haltung von Bienenvölkern zeigt, stellen die Bienen geringe Anforderungen an die Form einer solchen Behausung. Voraussetzungen, dass sich ein Bienenvolk wohlfühlt, sind ein Standort an einem gut geschützten, trockenen Platz und ein Volumen von mindestens 40 Litern. Das Bienenvolk mit etwa 50’000 Mitgliedern – neben der Königin und hunderten Drohnen mehrheitlich Arbeitsbienen – baut in den Hohlraum ihren Stock aus mehreren senkrechten Wabenwänden. Die wiederum bestehen aus den typischen sechseckigen Zellen aus Wachs, den die Arbeiterinnen aus Wachsdrüsen am Hinterleib produzieren. Wabenzellen dienen der Brutaufzucht und der Lagerung von Vorräten, wie eben dem köstlichen Honig.

Holzschnitt mit der Darstellung zweier Klotzbeuten aus dem “hortus sanitatis” von 1491. CC Jacob Meydenbach
Ein Baumstamm wird mit Hilfe von Feuer ausgehöhlt. © Pfahlbau Dingelsdorf

Die genügsame Honigbiene

Nördlich der Alpen war ursprünglich die Dunkle Europäische Biene (Apis mellifera mellifera) beheimatet. Den Namen verdankt sie der dunklen Färbung ihres Panzers. Sie gilt als genügsame und winterharte Rasse. Die dunkle Honigbiene lebt zwischen Pyrenäen und Ural, und es werden einzelne ortstypische Arten wie die Alpenbiene unterschieden. Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts waren etwa die Hälfte aller Bienen in der Schweiz dunkle Honigbienen. Seither gelten sie als gefährdet, weil sie vor allem von der Carnica-Biene (Apis mellifera carnica) verdrängt wurden, die grössere Honigerträge liefert.  

Honigbienen erzeugen Honig zur eigenen Nahrungsvorsorge aus dem Nektar von Blüten und Honigtau. Mit diesen Nahrungsreserven bauen sie ihren Stock aus. Bei der dunklen Biene ist diese Volksentwicklung eher langsam und erreicht erst im Juni den Höhepunkt. Honig kann man erst ab dann ernten. Danach kann man Honig gut lagern, solange man ihn dunkel, kühl und trocken aufbewahrt.

Dunkle Honigbiene (Apis mellifera mellifera). CC Zeynel Cebeci

Klotzbeuten liefern Beweise

Dass in den Pfahlbauten Honig konsumiert wurde, halten wir für sehr wahrscheinlich, die Verwendung von Bienenwachs ist sogar erwiesen. Der Nachweis von Bienenhonig oder gar Bienenhaltung ist allerdings schwierig. In einigen jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlungen aufgefundene hohle Baumstämme oder Holzröhren werden als Klotzbeuten interpretiert. In keiner fanden sich aber Waben-, Brut- oder Bienenreste, die eine sichere Identifikation als Bienenunterkunft ermöglichen würden. Für einen Stammabschnitt aus der Grabung bei Zürich Parkhaus Opéra (CH) konnte man aber zumindest die Anhaftung von Wachs nachweisen.

Zwei weitere Röhren stammen von Arbon-Bleiche 3 (CH). Die kleinere hatte eine Höhe von 40,5 cm und einen Durchmesser von 17 cm: Man fand sie senkrecht in der Kulturschicht steckend und einseitig abgewittert, was belegt, dass sich dieser Teil über eine längere Zeit an der Oberfläche befand. Allerdings ist diese Röhre für ein Bienenvolk eher klein, wie heutige Experimente gezeigt haben. Ein exakter Nachbau in der Zeiteninsel Marburg war innert einem Monat mit Waben überfüllt. Vielleicht war diese Raumenge gezielt gesucht: Hat ein Volk zu wenig Platz, produziert es eine neue Königin und der Schwarm teilt sich, man verdoppelt also das Bienenvolk. Der zweite ausgehölte Baumstamm von Arbon mit einer Länge von 91 cm und einem Durchmesser von 40 cm hat für eine eigentliche Klotzbeute schon eher die richtige Grösse. Beide Stammabschnitte wurden in 2 Meter Entfernung bei einem kleinen Platz innerhalb der Siedlung aufgefunden.

Klotzbeute aus der Pfahlbaufundstelle Arbon-Bleiche (CH). © AATG
Das Pfahlbaumuseum Dingelsdorf experimentiert mit Klotzbeuten. © Pfahlbau Dingelsdorf

Eine richtiggehende Bienenzucht ist spätestens ab der Bronzezeit anzunehmen. Neben Honig benötigte man ab dieser Zeit auch eine grössere Menge an Wachs. Komplexe Bronzegegenstände wurden nämlich im Wachsausschmelzverfahren hergestellt: Man verkleidet ein Wachsmodell mit Ton, brennt es, schmilzt dabei das Wachs aus und füllt im Anschluss den Hohlraum mit flüssiger Bronze.

Heilmittel, Doping und Nektar der Götter

Bei Halsschmerzen hilft ein Löffel Honig im Tee; wenn man nicht einschlafen kann, warme Milch mit Honig – die heilende Wirkung von Honig ist uns allen durch solche Hausmittelchen bekannt. Tatsächlich hemmen im Honig enthaltene Enzyme Entzündungen, weshalb man ihn nicht nur zur Behandlung von Halsschmerzen, sondern auch von Magen- oder Darmreizungen und sogar zur Wundheilung verwenden kann. Honig ist ein natürliches Antibiotikum, welches das Wachstum von Bakterien nachweislich hemmt – solange er nicht über 40 Grad erhitzt wird, sonst verliert er seine antibakterielle Wirkung!

Bereits die alten Griechen nutzten Honig in der Medizin: Hippokrates empfiehlt Honigsalben als Fiebersenker, Galen therapierte mit Honig Darmleiden und Vergiftungen. Darüber hinaus solle die tägliche Einnahme von Honig mit Nüssen die Jugendlichkeit erhalten, und Honigwasser wurde als erstes Dopingmittel bei den antiken olympischen Spielen eingesetzt. Und schliesslich waren Nektar und Ambrosia (Honig) die Nahrung, die den Göttern zu ihrer Unsterblichkeit verhalfen.

Westliche Honigbiene (Apis mellifera carnica).

Mit Honig kann man übrigens auch Alkohol herstellen: Fügt man ihm mehr als eine Viertel seiner Menge an Wasser zu, beginnt er zu gären und riecht wie Bier nach Hefe. Es entsteht Honigwein, besser bekannt als Met. Ob die Pfahlbauer*innen diesen schon genossen, ist uns aber nicht bekannt.

Portrait Simone Benguerel

Archäofacts

Leuzinger, U. (2002) Holzartefakte. Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3, Funde, Archäologie im Thurgau 11 (Frauenfeld) 112–113.

Giess, H./Zorn, Ch./Zorn, K. (2019) Prähistorische Bienenhaltung in hohlen Baumstämmen. Experimentelle Archäologie in Europa 18, 2019, 82-94.
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Experimentelle Bienenhaltung in Klotzbeuten im Pfahlbaumuseum Dingelsdorf.