Nimm beim Sonntags-Ausflug zur nächsten Grillstelle oder beim Gassi-Gehen mit dem Hund ab sofort nicht nur die Klöpfer/Grillwürste oder die Robidog-Säckli mit, sondern auch noch ein Taschenmesser und ein paar saubere Tüten. Die brauchst du für die Ausbeute deines Sammel-Streifzuges.

Auf unserer Seite findest du nicht nur jeden Monat neue Challenge-Zutaten und einen Blick in den Warenkorb der Pfahlbauer*innen, sondern ab sofort das echte Wissen von unseren Expert*innen: die (fast) vollständigen Artenlisten für alle bisher in den Pfahlbauten nachgewiesenen Tier– und Pflanzenarten. Diese Listen haben wir extra für euch zusammengestellt; das hat bisher noch niemand so gesehen oder gar gedruckt! Beachtet bitte deshalb das Copyright.

Tafel aus dem legendären Werk Oswald Heers über die “Pflanzen der Pfahlbauten” aus dem Jahr 1866.

Über 100 Tierarten und über 350 Pflanzenarten wurden genutzt

Die „Artenliste Tiere“ enthält eine Übersicht über alle nachgewiesenen Tierarten aus den Feuchtbodensiedlungen im Raum Zürich und im Schweizer Mittelland. Sie ist nicht ganz vollständig, und es gibt sicher noch einige weitere Arten von Fischen, Vögeln, Schnecken und Muscheln, die in den Feuchtbodensiedlungen landeten. Trotzdem enthält sie schon über 100 Arten.

Schlachtabfälle aus der Pfahlbaufundstelle Hüttwilen (CH). © AATG

Die „Artenliste Pflanzen“ beruht auf Datenbanken, die unsere Runde aus Expert*innen uns zur Verfügung gestellt hat. Generationen von Archäobotaniker*innen haben in den Laboren von Basel und Hemmenhofen Millionen von Samen, Früchten und Nüssen aus Pfahlbauten bestimmt. Allein die Basler Datenbank enthält fast 6 Millionen bestimmte Reste. Und da sind die Pollenanalysen noch nicht berücksichtigt.

Giftige Pflanzen haben wir gelöscht

Wir haben die Pflanzenliste ein bisschen „geputzt“, um sie übersichtlicher und ungefährlich zu machen: Alle Arten, die nur mit einem Rest oder nur in einer einzigen Fundstelle vorkommen, haben wir gelöscht. Bei solchen extrem seltenen Nennungen können wir nicht ausschliessen, dass es sich um eine Fehlbestimmung, eine Verwechslung (z. B. mit einer jüngeren Kulturschicht) oder eine moderne Störung handelt. Gelöscht haben wir auch reine Wasserpflanzen wie Nixenkraut, Laichkraut, Armleuchteralgen usw., die durch den See in die Siedlungsschichten gelangt sein könnten, sowie giftige Pflanzen. Giftige Pflanzen sind in den Fundstellen aber regelmässig nachgewiesen, z.B. Efeu (Hedera helix), Stechpalme (llex aquifolium), Nachtschatten (2 Arten) oder Eiben (Taxus baccata), aus denen Bögen hergestellt wurden. Seggen, Binsen und Moose haben wir in der Liste gelassen – es könnte sein, dass die Pfahlbauer*innen sie als Einstreu, Bodenbelag, Isolation, Verpackungsmaterial oder Klopapier benutzt haben. Auch nach dem Vereinfachen der Liste finden sich immer noch 366 Arten von fast 90 Fundstellen vom Neuenburgersee bis nach Oberschwaben darauf.

Samenkorn der Kretischen Flachsnelke (Caryophyllaceae Silene cretica). Strich = 1 mm. © LAD, bearbeitet
Die Kretische Flachsnelke ist nicht essbar. © JACQ

Systematisch unterrepräsentiert oder auch mal ganz fehlend sind Arten, von denen vor allem Blätter, Stängel oder Wurzeln verzehrt wurden, da dann keine bestimmbaren Samen oder Früchte übrigbleiben. Dies betrifft vermutlich auch häufige Gemüse- und Salatpflanzen wie Bärlauch, Löwenzahn, Sauerampfer oder Thymian. Hier müsste die Liste durch die besonders häufigen Pollennachweise aus Siedlungen ergänzt werden, was in Einzelfällen gemacht wurde. Dann steht in der Spalte Häufigkeit ein P, bzw. PP, wenn die Art in Form von Blütenstaub sehr häufig belegt ist.

Samen des Löwenzahns (Asteraceae Taraxacum). Strich = 1 mm. © LAD, U. Maier, bearbeitet
Samenstand des Wiesen-Löwenzahns.

Die häufigsten Arten auf einen Blick

Obwohl die meisten der gesammelten, gejagten und gefischten Arten irgendwie essbar wären, waren kaum alle Arten Nahrungsmittel für den Menschen. Tier- und Pflanzenreste gelangten auch für viele andere Zwecke in die Siedlung, z. B. als Schmuck (Federn), für Kleidung (Pelz, Bast, Fasern), als Baumaterial oder Viehfutter – oder auch mal unbeabsichtigt, z. B. Kletten.

Um dir den Einstieg zu erleichtern und erst mal mit dem anzufangen, was Pfahlbauers besonders oft in der Suppe oder auf dem Teller hatten, gibt es eine Sortierung nach Häufigkeiten. Das häufigste Jagdwild ist der Hirsch. Die häufigsten Sammelpflanzen sind Rübkohl, Rainkohl, Gänsefuß, Haselnüsse, Erd-, Him- und Brombeeren, Johanniskraut, Wildäpfel, Physalis, Wegeriche, Sauerampfer, Hahnenfuß, Vogelmiere, Brennnesseln und Eisenkraut. Sehr häufige Arten (Kategorie „5“) sind in den Datenbanken mit über 100´000 bestimmbaren Resten oder in über drei Vierteln aller untersuchten Fundstellen vertreten. Die zweithäufigste Kategorie „4“ ist immer noch in jeder zweiten Fundstelle oder mit mindestens 50´000 Resten belegt.

Für die meisten von uns reicht es aber vollkommen aus, einen Löwenzahn zu erkennen und zu wissen, dass man alle Wegeriche essen kann, egal ob es ein spitzer, mittlerer oder breiter ist. Natürlich kannst du dir auch den Spass machen, besonders seltene und exotisch klingende Pflanzen zu suchen, z. B. die Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), deren Wurzel man als Nelken-Ersatz verwenden kann oder den Ästigen Igelkolben (Sparganium erectum), dessen Stengelbasis im Frühling als Gemüse gedünstet werden kann.

Samen des Wilden Hopfens (Moraceae Humulus lupulus), Roten Hartriegels (Cornus sanguine) und der Wilden Malve (Malva sylvestris) aus der Pfahlbaufundstelle Sipplingen (D). Diese Pflanzen sind essbar. Strich = 1 mm. © LAD, U. Maier, bearbeitet

Sammle nur Pflanzen, die du eindeutig bestimmen kannst. Berücksichtige Betretungs- und Naturschutzregeln sowie geschützte Arten und gehe respektvoll mit der Natur um. Du bist selbst dafür verantwortlich, was du mit nach Hause bringst und isst. Es gibt gute Bestimmungsbücher und Apps für essbare Wildkräuter.

Und jetzt auf ins Feld und in den Wald!

Portrait Renate Ebersbach
Bestimmungs-Apps
  • PlantNet
  • Flora Incognita
  • Flora Helvetica
Webseiten zur Pflanzenbestimmung

Bücher zur Bestimmung und Verwendung von Wildpflanzen
  • Beiser, R. (2018) Unsere essbaren Wildpflanzen. Bestimmen, sammeln, zubereiten.
  • Fleischhauer, S. G. (2003) Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen. 1500 Pflanzen Mitteleuropas mit 400 Farbfotos.
  • Fitter, R./Fitter, A./Blamey, M. (2000 3. Aufl.) Pareys Blumenbuch. Blütenpflanzen Deutschlands und Nordwesteuropas.
  • Hansch, S./Schwarzer, E. (2019) Der Giersch muss weg! 28 Unkräuter bekämpfen oder einfach aufessen.
  • Hecker, K./Hecker, F. (2020) Kann ich das essen – oder bringt mich das um? Essbare und giftige Wildpflanzen erkennen.
  • Höller, A./Grappendorfer, D. (2019) Essbare Wildsamen. Finden, sammeln, vielseitig geniessen.
  • Machatschek, M. Nahrhafte Landschaft 1-4.
  • Spohn, M./Aichele, D./Golte-Bechtle, M./Spohn, R. (2021 überarbeitet) Was blüht denn da? Sicher nach Farbe bestimmen.