Archäologin, Leiterin Archäologie im Amt für Archäologie Thurgau
3 Fragen an Simone Benguerel
Heute hat man Lust auf ein bestimmtes Essen und holt sich die passenden Zutaten im Supermarkt. Das lief bei den Pfahlbauer*innen ein bisschen anders, oder?
Genau, das tägliche Menu war von den vorhandenen Zutaten abhängig oder anders gesagt: Das Gericht entstand erst nach den Zutaten. Wie ich erfahren musste, kann Sammeln eine sehr zeitraubende Angelegenheit sein, gerade wenn man auf eine bestimmte Pflanze, eine Nusssorte oder Pilzart aus ist. Und hat man einen Holunderbusch ausgekundschaftet, wo die Beeren nur noch wenige Tage zur perfekten Reife brauchen, haben Vögel die Beeren bereits vor deinem nächsten Besuch abgeräumt. Bekanntermassen ist auch nicht jede Jagd von Erfolg gekrönt. Und dann der Aufwand, den man betreiben muss, bis das Einkorn kochfertig ist oder das Schweinefilet vor einem liegt – das Kochen damals war eine Herausforderung.
Gibt es etwas, das wir heute wieder mehr machen sollten in Bezug auf Essen und Trinken, wie es die Pfahlbauer*innen taten?
Grossmutters Rezepte wieder hervorholen, alte Sorten neu entdecken, sammeln und einmachen. Bio und Regional sind im Moment sowieso in. Der grosse Unterschied zur Pfahlbauzeit ist aber: Nachhaltigkeit war damals überlebensnotwendig. Was nicht Saison hatte, gab es nicht. Ich will die Zeit der Pfahlbauer*innen nicht romantisieren, es gibt archäologische Zeugnisse von Überjagung von Tierbeständen oder dass durch eine Pfahlbausiedlung am Ufer das Ökosystem eines Kleinsees gekippt ist.
Was haben Sie bei diesem Projekt gelernt?
Ich habe zum Beispiel erfahren, dass Randen (Rote Rüben/Rote Bete) mit den Römern nach Mitteleuropa kamen, Fenchel und Rhabarber sogar erst im Mittelalter. Ich habe auch gelernt, was Hirschhornsalz ist und dass es als Treibmittel funktioniert (nicht ausprobiert!). Und: Leinöl sollte man nicht erhitzen, dann wird es bitter.